Gleichberechtigung der Frau - leider falsch verstanden

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Unsere Gesellschaft wandelt sich. Auch bei der Frage, wie wir mit Mann und Frau umgehen. Das ist auch bitter nötig. Nur leider verselbstständigt sich der Verbesserungskurs ins Absurde. So wurde eine geschlechterneutrale Sprache für die deutsche Nationalhymne diskutiert. Dort soll es dann „Heimatland“ statt „Vaterland“ und „couragiert“ statt „brüderlich“ heißen. An anderer Stelle klagte eine Dame vor Gericht, dass Sie auf den Formularen ihrer Bank nicht mit „Kunde“, sondern mit „Kundin“ angesprochen werden wolle. Für mich sind diese beiden Beispiele Auswüchse einer neurotischen Gesellschaft, die nicht mehr den Blick aufs Wesentliche hinbekommt.

 

Bevor Sie den Artikel nicht zu Ende lesen und mich gleich wütend in die Ecke der „frauenfeindlichen Männer“ stellen, kann ich Sie beruhigen. Ich mag Frauen. Arbeite gerne mit ihnen zusammen. Bin gerne und glücklich verheiratet. Meine Haltung zu den Geschlechtern ist einfach: Gleichberechtigung und gleiche Rechte für alle — nur lasst mich bitte mit den ganzen Partikularinteressen in Ruhe. Und doch gibt es für mich durchaus auch nachvollziehbare Argumente, weswegen wir über einen reflektierten Sprachgebrauch diskutieren sollten — bevor ich zum meinem „Aber...“ bezüglich der ganzen Gender-Sprach-Debatte komme.

 

Am Anfang war das Wort

Dieser Satz stand schon in der Bibel. Worte haben eine unglaubliche Wirkung. Das habe ich schmerzlich gespürt, als ich an der European Business School studiert habe. Es handelt sich dabei um eine Privatuni und ich musste die Studiengebühren mit Hilfe eines Kredits finanzieren. Als ich während der Semesterferien ein Praktikum machte, um Geld zu verdienen – während meine Freunde an staatlichen Unis den Sommer und das Leben genossen – sank meine Motivation gegen Null. Ich schaute in den Kreditvertrag und lernte: wer schreibt der bleibt. Denn dort stand: Sollte dieses Studium aus welchen Gründen auch immer vorzeitig beendet oder abgebrochen werden, so ist dieses Darlehen innerhalb von 30 Tagen fällig.

Worte haben eine Bedeutung. Deswegen sollten wir sorgsam und achtsam unsere Worte wählen. Denn sie können für unseren Gegenüber schmerzhaft, verletzend oder diskriminierend sein.

 

Gleichberechtigung: es gibt Handlungsbedarf

Die Baustellen der Gleichberechtigung, auf denen wir als Gesellschaft Handlungsbedarf haben, scheinen groß zu sein. So gibt es immer noch Unterschiede in der Bezahlung von Mann und Frau. Sie liegen in Deutschland laut Statistischem Bundesamt bei 22 Prozent. Oder doch nur bei sechs Prozent? Die Statistiker nennen beide Zahlen. Und sind sich selbst nicht so sicher. Dazu schreibt das Statistische Bundesamt: „Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass der bereinigte Gender Pay Gap möglicherweise geringer ausgefallen wäre, wenn weitere lohnrelevante Einflussfaktoren für die statistischen Analysen zur Verfügung gestanden hätten. So lagen beispielsweise zu den familienbedingten Erwerbsunterbrechungen keine Informationen vor.“

Da fällt mir nur der Leitsatz ein: Glaube keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast. Je nachdem, welche Meinung Sie haben, werden Sie auch die passende Statistik finden, die Ihren Standpunkt untermauert.

 

Gleichberechtigung: Ja! Aber bitte nicht übertreiben.

Die Gender-Diskussion, die ich in den Medien mitbekomme, sind häufig Wort-fokussiert. Doch was bringen politisch korrekte Worte, wenn die Taten völlig anders aussehen? Der deutsche Volksmund weiß schon lange: „Worte sind Zwerge, Taten sind Berge“.

Ich kann nicht verstehen, weswegen es für eine Frau wichtig ist, auf Formularen mit Kunde oder Kundin angesprochen zu werden. Entscheidend ist doch die Frage, wie wertschätzend sie vom Kundenberater behandelt wird. Von mir aus können alle Banken ihre Formulare ändern und überall „Kundin“ drauf schreiben. Für mein Selbstwertgefühl als Mann wäre das kein Nachteil. Eher würde ich mich fragen, ob die Bank zu viel freie Zeit hat, um über solche Kleinigkeiten nachzudenken.

In den Diskussionen höre ich oft die Forderung, dass es keinen Unterschied zwischen Mann und Frau geben darf. Und deswegen bräuchten wir eine gleich-stellende Sprache. Doch warum wurden dann Frauen-Parkplätze eingerichtet? Mit diesem Begriff grenzen wir die Frau bewusst vom Mann ab. Handelt es sich etwa um Rosinenpickerei? Nach dem Motto: Ich will wie ein Mann behandelt werden. Aber wenn es für mich von Vorteil ist, dann darf ich als Frau wieder anders (= bevorzugt) behandelt werden.

 

Übertreibung führt zum Gegenteil

Aus Sicherheitsgründen verstehe ich, dass ein Frauenparkplatz nah am Ausgang liegt, mit Kameras bewacht wird. Aber die Frauen-Diskussion geht weit über das Sinnvolle hinaus. Die Forderung nach Kunde / Kundin-Formularen, gender-angepasster Nationalhymne und vielem mehr sind für mich absurd. Und sie sind auch für die Frauen gefährlich.

Bitte verstehen Sie mich richtig: Ich halte die Bewegung, Mann und Frau wirklich gleich zu berechtigen für sinnvoll und überfällig! Aber wenn dieser Kampf auf zu vielen Nebenkriegsschauplätzen ausgetragen wird, besteht die Gefahr, dass die sinnvolle Diskussion ins Lächerliche gezogen wird.

 

Wahrheit ist eine Linie

Wenn ich das Für und Wider einer gender-gerechten Sprache für mich abwäge, dann ist es so wie immer im Leben: es gibt keine einfachen Wahrheiten. Und vor allem keine Punktwahrheiten, im Sinne von „das ist richtig“ oder „das ist falsch“. Vielmehr ist Wahrheit eine Linie. Es gibt viele Wahrheiten, die irgendwie alle richtig sind.

So halte ich es für wichtig, über unsere Wort- und Sprachgewohnheiten nachzudenken. Aber bitte nicht überall und ständig. Denn worum geht es eigentlich? Nicht um die Worte, sondern um die Taten. Es geht nicht um Mann und Frau. Sondern darum, dass wir alle Menschen fair behandeln. Unabhängig von Geschlecht. Aber auch unabhängig von Nationalität, Hautfarbe, Hobbies, Sprache, ...! Es geht allgemein darum, dass sich nicht Dominanz ungefragt durchsetzt und die Zurückhaltenden erniedrigt. Für mich ist das Ziel der ganzen Gender-Thematik eine gesunde Streitkultur, in der wir hart in der Sache reden, und fair zum Menschen bleiben.

Die Voraussetzung für diesen gesunden Umgang miteinander ist Respekt. Das bedeutet, die Souveränität des anderen anzuerkennen, dass er anders ist, denkt, fühlt und handelt als ich. Gelebter Respekt ist das, was wir zwischen Mann und Frau brauchen. Und da reichen keine Worte. Die stehen schon in unserem Grundgesetz: Die Würde des Menschen ist unantastbar.

Das was wir jetzt brauchen sind Menschen, die diesen Worten endlich Taten folgen lassen.