Die Kunst, mit Fehlern umzugehen

In wenigen Wochen ist es soweit: Mein zweites Buch erscheint. Für mich ist ein Buch ein Werk, von dem der Leser eine hohe Qualität erwarten darf. Der Weg dorthin steckt voller Arbeit. 

Konzeption, Schreiben, Umschreiben, neu schreiben. Und wenn die ganze Arbeit erledigt ist, wird das Manuskript noch einmal durch Lektorat und Korrektorat gedreht, bevor es dann ins Layout gesetzt wird.

Vor ein paar Tagen überflog ich den fertig gesetzten Text, um Inhalte für eine neue Staffel meiner Videoserie #CappuccinoFriday zu finden. Da starrte er mich an: ein Fehler. Im Text fehlt eine „Klammer zu“.

Fehler-Sucht

Der gesamte Text besteht aus rund 500.000 Zeichen. Doch ich freue mich nicht über die 499.999 richtigen Zeichen. Sondern ärgere mich, dass wir diesen einen Fehler übersehen haben.

In diesem Fall: Zurecht! Denn ein Buch ist ein Werk, das fehlerfrei sein sollte. Vor allen Dingen dann, wenn Autor, Lektor und Korrektor den Text mehrfach auf Fehler geprüft haben. 

Jetzt können Sie natürlich denken: „Oh Mann, was stellt der sich denn so an. Soll mal Fünfe gerade sein lassen!“ Oder: „Wir sind alle nur Menschen. Fehler passieren eben.“

Und da haben Sie wahrscheinlich recht.

Anspruch vs. Fehlerkultur

Der relaxte Umgang mit Fehlern passt gut in die Zeit, in der gefordert wird: Arbeit muss menschlicher werden. Work-Life-Balance, Shared-Leadership bis hin zur oft herbeigesehnten Fehlerkultur.

Ein zweischneidiges Schwert!

Stellen Sie sich einen Chirurgen vor, der am Gehirn operiert und nur einen klitzekleinen Millimeter zu tief ins Gewebe vordringt - und so einen irreparablen Schaden anrichtet.

Oder Sie eilen in Richtung Bahnhof, sind nur ein paar Sekunden zu spät — und sehen, wie der Zug vor Ihrer Nase davonfährt.

Oder Sie notieren sich die Telefonnummer einer neuen romantischen Bekanntschaft; und verwechseln dabei leider nur zwei Ziffern.

Alles nur kleine Fehler. Kleinigkeiten. Die jedoch große Auswirkungen haben.

In allen beschriebenen Situationen hoffe ich, dass Sie nicht relaxt, sondern anspruchsvoll sind. Wir brauchen keine Fehlerkultur. Sondern eine Anstrengungsbereitschaft-Kultur!

Denn Qualität, Fortschritt und gute Ergebnisse entstehen nicht, indem Sie den Fuß vom Gaspedal nehmen. Sondern, indem Sie sich anstrengen und anspruchsvoll sind. Wer anspruchsvoll ist, erzielt gute Ergebnisse. Und wenn Sie sich anstrengen und gute Ergebnisse erzielen, gewinnen Sie damit automatisch auch das schöne Gefühl von persönlicher Erfüllung.

Perfektionisten leben in der Hölle auf Erden

Und doch ist Anspruchshaltung nicht der einzig richtige Weg. Denn wenn Sie zu anspruchsvoll durchs Leben laufen, wenn Sie wegen jeder Kleinigkeit unzufrieden sind, dann werden Sie in einer Sackgasse landen.

Wenn Sie wegen jeder Kleinigkeit ein Fass aufmachen, sind Sie ein Perfektionist. Und damit herzlich Willkommen in der Hölle auf Erden. Denn Perfektion ist eine göttliche Eigenschaft. Doch Sie sind nur ein Mensch. Und damit fehlbar. So wie alle anderen Menschen auch. Perfektion werden Sie also nie erreichen geschweige denn bei anderen finden. Sie rennen einer Illusion hinterher.

Außerdem werden Sie als Perfektionist auch schnell zum unangenehmen Nörgler. Und schon David Henry Thoreau wusste: “Der Nörgler wird sogar im Paradies allerlei Fehler finden.“

Entspannte Anspruchshaltung

Perfektion und Nörgelei sind doof. Aber anspruchslose Entspannung ist nicht besser. Was also tun?

Für mich ist die Lösung eine „entspannte Anspruchshaltung“. 

Haben Sie Anspruch! Streben Sie nach Perfektion. Fordern Sie. Sich selbst und andere. Aber haben Sie nicht den Anspruch, jemals perfekt zu sein. 

Bleiben Sie auf dem Weg entspannt! Es werden Dinge schief gehen. Immer wieder. Fehlerkultur - also eine Kultur, die Fehler feiert, sollte jedoch nicht das Ziel sein.

Streben Sie lieber nach einer Lern-Kultur. Ein Umfeld, in dem Sie und die Menschen, mit denen Sie arbeiten, anspruchsvoll sind. Entwicklung wollen. Verbesserung anstreben. Gute Lösungen suchen. Eine Kultur, in der wir lernen. Auch und gerade dann, wenn mal etwas schief geht.

Insofern war meine Verärgerung wegen der fehlenden Klammer im Buch auch nicht von langer Dauer. Eine Kleinigkeit, die ich jetzt nicht mehr ändern kann. Shit happens. So wie ein Charakter Kanten braucht, bekommt die erste Ausgabe meines neuen Buches ebenfalls etwas Einzigartiges. Und ich setze auf die Vielzahl meiner Leser, damit wir die Klammer in der 2. Ausgabe ergänzen können :-)

PS: Hier können Sie das Buch bestellen. Oder überall, wo es Bücher gibt.

 

Übrigens: Das stärkste, was Menschen tun können, ist: Gegenwart machen! Was das bedeutet? Darum dreht sich jedes Kapitel in meinem Buch „Führung stirbt nicht!“