Politiker müssen endlich Haltung zeigen

Politiker müssen endlich Haltung zeigen

 

Der Bundeskanzler hat den Weg frei gemacht für Neuwahlen. Deutschland ist im Wahlkampf. Dass Neuwahlen überhaupt notwendig wurden, hat vor allem mit der großen Unzufriedenheit mit der Regierung zu tun.

Wie zufrieden sind Sie mit ihr? Der ARD-Deutschlandtrend befragte die Deutschen nach dem Aus der Ampel-Koalition im November. Ergebnis: 85 Prozent waren wenig oder gar nicht zufrieden. Nur 14 Prozent waren zufrieden.

Das ist weniger als ein Sechstel. Nun sind Politiker wie Manager in der Wirtschaft: Anführer. Und die Definition eines Anführers ist: eine Person, der andere Menschen freiwillig folgen. Da sind solche Umfragewerte alarmierend.

 

Diagnose: Führungskrise

Böse Zungen formulieren: Wer wissen will, wohin agile Führung führt, soll sich die deutsche Politik anschauen – ins Chaos. Die aktuelle Gemengelage scheint das zu bestätigen. Verklebt, träge und teuer verzetteln wir uns, optimieren auf der zehnten Nachkommastelle – und bekommen die entscheidenden Themen vor dem Komma nicht in den Griff.

An den Bürgern kann es nicht liegen. Die meisten arbeiten und zahlen brav ihre Steuern. Die Politik muss liefern und die Rahmenbedingungen schaffen, in denen sich ein generationsfähiger Wohlstand entwickeln kann. Doch die Diagnose lautet: Führungskrise.

Bundestagsabgeordnete verdienen aktuell rund 10 000 Euro im Monat. Was wäre eigentlich, wenn sie stattdessen 80 Prozent ihres durchschnittlichen Einkommens erhielten, das sie in den letzten drei Jahren vor ihrer Politikerlaufbahn in der Wirtschaft verdient haben?

 

Fehlende Kompetenz

Keine Frage, Politiker haben es heutzutage nicht einfach, da ständig Kameras auf sie gehalten werden. Jedes Wort wird auf die Goldwaage gelegt. Das ist sicherlich nicht immer fair, da kein Mensch perfekt ist. Aber gleichzeitig ist auch etwas Richtiges daran: Denn wir können von einem Profi erwarten, dass er Ahnung hat, von dem was er tut.

Wenn Sie Arzt werden möchten, müssen Sie sich durch eine lange, anspruchsvolle Ausbildung kämpfen. Auch Bankvorstände, Bäcker, Maler und Maurer müssen, wie viele andere Berufe auch, eine entsprechende Qualifikation vorweisen.

Als Politiker haben Sie die Macht, zukunftsweisende Entscheidungen für unser Land zu treffen oder zumindest zu beeinflussen. Da steht viel auf dem Spiel. Doch eine formale Qualifikation, um politische Ämter in Deutschland auszufüllen, gibt es aktuell nicht.

Unmut über die fehlende Kompetenz von Politikern höre ich bei Unternehmern und Führungskräften häufig. Kein Wunder. Denn Beispiele für Politiker, die ohne Berufsabschluss sind, gibt es genug; leider auch in Führungspositionen.

 

Von den Lebensrealitäten entfernt

Natürlich hilft ein Berufsabschluss nicht dabei, das politische Handwerk zu beherrschen. Aber ein solcher Abschluss baut zumindest die Brücke zur entscheidenden Frage, nämlich: Wie lebensnah sind die Politiker – und können sie überhaupt ihre Bürger verstehen, wenn sie sich den Realitäten des beruflichen Lebens nie stellen mussten?

Außerdem: Wie will man als Politiker die Gefolgschaft von Menschen gewinnen, wenn der Eindruck entsteht, dass das politische Amt ohne Leistung gewonnen wurde und die Politiker in einer surrealen Parallelwelt leben, die nichts mehr mit dem Lebensalltag der Bürger zu tun hat?

Für uns Bürger sind Bildung, Anstrengungsbereitschaft und berufliche Praxis die Voraussetzungen, mit denen der Erfolg und somit der soziale Aufstieg gelingen kann. Wenn Politiker die bequeme Abkürzung nehmen können, ist es kein Wunder, wenn Menschen sie nicht mehr als Volksvertreter sehen.

Politikverdrossenheit oder ein Vakuum, dass durch extremere Parteien jenseits der Volksparteien gefüllt wird, sind kein Skandal, sondern die traurige Folge einer Politik, die sich von den Lebensrealitäten der Bürger immer mehr entfernt.

 

Schwache und starke Anführer

Doch die Realitätsferne ist nur eines der Probleme mit unserer politischen Führung. Mit dem Thema Führung in Unternehmen beschäftige ich mich täglich in meiner Arbeit. Was ich da feststelle, kann ich auch auf die Politik übertragen.

Eine der Ursachen der Unzufriedenheit mit der Regierung ist: Wir haben schwache Anführer. Die gibt es in der Politik wie in Unternehmen.

Schwache Anführer sind für mich die, die ihre Position und Macht innerhalb der Hierarchie missbrauchen, um ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Oder um andere Menschen auszunutzen und für sich selbst ein gutes Leben zu ermöglichen. Denen es wichtiger ist, ihre Macht zu erhalten, als sich um die Interessen der Menschen zu kümmern, die sie anführen. Aber auch solche, die entscheidungsschwach sind und, statt mutig eine klare Richtung aufzuzeigen, für weichgespülte Kompromisse stehen.

Diese Anführer sind für mich schwach, weil sie der Verantwortung eines Anführers nicht gerecht werden. Denn einem starken Anführer geht es nicht um sich selbst und seine Interessen – sondern um die Menschen, die er anführt – und den gemeinsamen Erfolg.

Überall – in Unternehmen wie in der Politik –  sollten wir daran arbeiten, dass wir schwache Anführer absetzen – und starke Anführer bekommen. Anführer, die ihre Verantwortung nicht missbrauchen. Anführer, denen wir gern und freiwillig folgen wollen. Weil sie sich selbst unter den Dienst für das Gemeinwohl stellen.

 

Fair und hart

Damit wir Anführern freiwillig folgen, ist es entscheidend, dass sie nicht durch Macht und Druck führen. Sondern durch Einfluss. Den gewinnen sie, indem sie fair sind zu den Menschen – und gleichzeitig hart in der Sache.

„Fair zu den Menschen“ bedeutet nicht, von morgens bis abends Small Talk zu machen und verbale Streicheleinheiten verteilen zu müssen. Sondern es bedeutet, dass Anführer – bitte entschuldigen Sie die vulgäre Ausdrucksweise – einfach keine Arschlöcher sind. Dass sie sich für die Menschen interessieren. Ihnen zuhören. Menschlich sind – also nicht perfekt. Dass sie eine gesunde Dosis Nahbarkeit zeigen. Dass sie auf Augenhöhe führen.

Doch nur nett sein reicht nicht. Es braucht auch die zweite Komponente: hart in der Sache zu sein. Wir müssen Anführern, wenn es hart auf hart kommt, zutrauen, dass sie auch ihren Mann oder ihre Frau stehen. Dass sie Rückgrat haben. Vor heiklen Situationen nicht zurückweichen. Im Gegenteil: den Konflikt sogar aktiv suchen, wenn es für die Sache notwendig ist.

 

Richtung, Weg und Beute

Freiwillige Gefolgschaft müssen sich Anführer verdienen. Auch die Politiker, die jetzt um unsere Stimmen werben. Und wie bekommen sie die freiwillige Gefolgschaft? Nicht, indem sie sich anbiedern, Steuergeschenke machen und den Leuten den einfachen Weg vom Himmel lügen. Sondern indem sie ehrlich sind, die Wahrheit aussprechen.

Auch die unangenehme Wahrheit: schmerzhafte Rentenreform; unangenehme Schlankheitskur für den Sozialstaat; Abbau von Bürokratie und Transfer von nicht benötigten Staatsdienern in die freie Wirtschaft; Steuern senken und als Staat mit dem schlankeren Budget klarkommen.

Solche Wahrheiten vertragen die Menschen, wenn uns die Politiker gleichzeitig einen verlockenden Horizont aufzeigen. Einen Horizont, in dem sich die Mehrheitsgesellschaft wiederfinden kann. Zu dem sie sagen kann: Ja, in diese Zukunft wollen wir aufbrechen. Dieser erstrebenswerte Horizont muss endlich klar kommuniziert werden, damit wir neben all den Hiobsbotschaften wissen, wohin unsere Reise geht.

Beim Horizont geht es um drei Dinge:

  1. Die Richtung aufzeigen: Wo wollen wir eigentlich hin?

  2. Eine Übereinkunft schaffen: Wie kommen wir dorthin?

  3. Beute machen: Für Fortschritt und Ergebnisse sorgen.

Bei allen drei Aufgaben gehört es dazu, dass Anführer möglichen Konflikten nicht ausweichen, sondern dafür sorgen, dass Richtung, Weg und Beute immer klar und gemeinsam verfolgt werden. Ohne die Führungsstärke von Anführern schaffen Menschen das nicht von allein.

Der Weg zur freiwilligen Gefolgschaft bedeutet nicht, dass uns Politiker Honig ums Maul schmieren. Wir brauchen Anführer, die den Mut haben, uns zu sagen, was Sache ist. Auf was wir verzichten müssen, wenn wir ihnen folgen.

Was wir nicht brauchen: Anführer, die uns ein Bullerbü vorgaukeln. Die sagen, dass alles easy peasy und die Rente sicher ist. Dass jeder Geld kriegt, der laut genug schreit. Die behaupten, dass das Land die ungebremste Einwanderung locker verkraftet. Und bald ohne ohne Verzicht und Anstrengung ein Wirtschaftswunder vom Himmel fällt.

 

Wir sind die Masse

Im Februar wird gewählt. Was werden Sie tun? Gar nicht mehr wählen? Keine gute Option. Damit geben Sie nur den anderen Stimmen mehr Gewicht. Extreme Ränder aus Protest wählen? Puh – irgendwie nur trotzig.

Ich denke, wir sollten den Politikern aus der Mitte Mut machen, dass sie klare Kante zeigen. Ihnen ermutigende Zeilen schreiben, wenn sie mal Profil zeigen. Ihnen Gedanken zurufen, wofür sie unserer Meinungen nach einstehen sollten. Ihnen den Rücken stärken, damit sie sich nicht ständig dem linksgrünen Zeitgeist anbiedern. Es reicht nicht, wenn Politiker nur dann klare Positionen vertreten, während sie in der Opposition sind – um dann wieder unverbindlich weichzuspülen, sobald sie sich im Wahlkampf befinden. Das ist schwach und nervig.

Böse formuliert sind Politiker wie Fahnen im Wind. Sie richten sich immer nach dem, was sie für den Zeitgeist halten. Zeigen wir ihnen, dass der Zeitgeist nicht von wenigen lauten Minderheiten bestimmt wird – sondern von den bisher schweigenden Leistungsträgern unseres Landes. Allen, die jeden Tag die Ärmel hochkrempeln, arbeiten und Steuern zahlen. Denn wir sind die Masse. Und damit stark.


Mehr dazu?

In meinem Buch “Aufstand der Leistungsträger” widme ich mich dem Thema: Warum wir jetzt mutig unsere Stimme für Freiheit und Wohlstand erheben müssen.