Wie nur ein Satz die Marke Bulgari zerstört

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Eine luxuriöse Marke aufzubauen, braucht mindestens drei Dinge. Viel Geld. Gutes Marketing. Und ausreichend Zeit. Bulgari brauchte nur eine falsche Mitarbeiterin am richtigen Ort, um den ganzen Aufwand hinfällig werden zu lassen. Daraus können wir als Unternehmen, aber auch als Einzelperson viel lernen.

 

Während meines Studiums verbrachte ich ein Jahr im Ausland und studierte unter anderem in Chicago. Am Ende hing ich noch ein Praktikum in New York dran. Als ich aus einem Kurzurlaub in Mexiko zurückfliegen wollte, musste ich in Los Angeles umsteigen. Man kann es kaum glauben, jedoch war ich auf dieser Reise ohne Mobiltelefon unterwegs. Zum Glück gab es damals noch ausreichend Münztelefone, denn ich wollte meine Freundin anrufen.

Der Haken an der Sache: ich hatte kein Kleingeld dabei. Also betrat ich das nächstbeste Geschäft: eine Boutique der Luxusmarke Bulgari. Der Laden wirkte sehr hochwertig, aber auch etwas steif und steril. Dieser Eindruck wurde noch verstärkt, da ich der einzige Kunde war. Hinterm Tresen saß eine attraktive, junge Frau. Ich fragte sie: „Können Sie mir den hier wechseln?“ und hielt ihr einen 5-Dollar-Schein hin.

Sie blieb sitzen. Musterte mich von oben bis unten: Badeshorts, Sandalen und Rucksack. Das war wohl nicht das, was sie gerne sehen wollte. Ihr Blick war sowas von herablassend und angewidert, dass ihre arrogante Antwort kaum mithalten konnte: „Wir haben hier nicht wirklich Wechselgeld!“

 

Worte sind Schall und Rauch

Auf der Homepage von Bulgari wird die Personalleiterin, Isabelle Castellini, zitiert: „Die zwei wichtigsten Dinge in einem Unternehmen erscheinen nicht in seiner Bilanz: sein Ansehen und seine Mitarbeiter.“ Eine starke Aussage, die ich teile. Jedoch nutzen diese Worte nichts, wenn ihnen keine Taten folgen. Die Mitarbeiterin in Los Angeles hatte damals anscheinend noch nicht gewusst, wie wichtig das Ansehen ihres Unternehmens in der Öffentlichkeit ist.

Toll formulierte Werte, Handlungsmaximen und Versprechungen sind ein guter Anfang. Aber das reicht nicht. Wer nur verspricht, aber nicht liefert, ist ein Verlierer.

  • Beispiel Ehe: Wenn der Ehemann verspricht, um 17.30h vor dem Café Reicharts auf seine Frau zu warten, dann sollte er 17.25h dort sein. Wenn stattdessen um 17.34h das Handy seiner Frau klingelt und er erklärt, „Ich steckte noch im Büro fest und bin jetzt auf dem Weg zu Dir“, dann ist das einfach nur unzuverlässig.

  • Beispiel Büro: Am Freitag steht um 12.00h das Projektmeeting auf dem Plan. Alle Teilnehmer sind vorbereitet und haben ihre Aufgaben erledigt und die Ergebnisse mitgebracht. Zwei erscheinen ohne Ergebnisse. Sie hielten es jedoch nicht für nötig, vor dem Treffen mit den anderen Teilnehmern zu kommunizieren, dass sie die Aufgaben nicht schaffen werden. Sie warteten bis zum Termin, der nun Zeitverschwendung ist, da ohne die Ergebnisse keine Entscheidungen getroffen werden können. Diese beiden Mitarbeiter sind unzuverlässig.

 

Der Ruf, der Ihnen vorauseilt

Unternehmen besitzen eine Marke. Aber auch Sie als Einzelperson sind eine Marke. In beiden Fällen gibt es starke Parallelen. Denn eine Marke ist nichts anderes, als ein Ruf, der Ihnen bzw. dem Unternehmen vorauseilt. Eine Marke suggeriert Vertrauen in die Qualität der Person oder des Unternehmens.

Mit meiner Frau und meinem Sohn bin ich mit dem Rucksack durch Malaysia gereist. Wir kamen nach Zwischenstopps in Dubai und Singapur endlich in Kuala Lumpur an. Auf der Reise hatten wir uns irgendetwas eingefangen und verbrachten den ersten Tag schlafend im Hotel, immer in der Nähe der Toilette... Abends wagten wir uns das erste Mal raus. Wir hatten Hunger. Die Stadt und die vielen kleinen Kochküchen waren interessant, aber fremd für uns. Das Risiko einer weiteren Magenverstimmung wollten wir nicht eingehen. Der Hunger zog uns tiefer in die Stadt. Und da tauchte es auf: das goldene „M“. Wir schauten uns an und unsere Blicke brauchten keine weiteren Worte: McDonald’s war genau das richtige für uns.

Das goldene „M“ ist eine Marke. Weltweit steht sie für ein bestimmtes Wert- und damit auch Qualitätsversprechen. Auch wenn ich kein Fan von Junk-Food bin, war mir diese Qualität an jenem Abend wichtiger, als das Risiko einzugehen, in einer unbekannten Garküche zu essen.

 

Vergessen Sie den ersten Eindruck

Marken sind Symbole für Vertrauen. Es braucht viel Zeit, Engagement und Kontinuität, um die Gravitation einer Marke aufzuladen. Dazu reicht es nicht, einen tollen, ersten Eindruck zu hinterlassen. Das hilft kurzfristig. Aber Sie müssen auch langfristig die Qualität des Ersteindrucks liefern.

Denn der erste Eindruck wird durch den zweiten Eindruck überschrieben. Denken Sie an mein Bulgari-Erlebnis. Erster Eindruck: hochwertige Luxus-Marke. Zweiter Eindruck: arrogante Tussi, die sich für was Besseres hält.

Ähnliches passiert auch im Zwischenmenschlichen. Sie haben sicherlich schon mal eine Situation wie diese erlebt: Sie sind mit einem potenziellen Geschäftspartner zum ersten Mal verabredet, kennen die Person also nicht. Sie betreten den Raum und sehen einen unglaublich intelligent wirkenden Herrn am Tisch sitzen. Der Anzug sitzt perfekt. Das dunkelblau passt farblich perfekt zur dunklen Krawatte. Auf dem Tisch liegen ein hochwertiger Füllfederhalter und ein schönes Ledernotizbuch. Sie denken sich: „Wow, das wird bestimmt ein toller Termin“. Und dann macht die Person den Mund auf. Die Stimme klingt fiepsig. Der Mann spricht in genau dem Dialekt, den Sie überhaupt nicht mögen. Inhaltlich kommt nur seichter Kram heraus. Und dann versucht er es auch noch mit einem Witz, für den Sie sich fremdschämen. Ich weiß, Sie sind nicht so primitiv, dass Sie sich auf Grund solcher „Oberflächlichkeit“ eine Meinung über einen Menschen bilden. Für die meisten anderen gilt jedoch: der zweite Eindruck dieses Herrn überschreibt den ersten Eindruck. So bleibt er Ihnen – trotz beeindruckendem Anzug – negativ in Erinnerung.

In vielen Unternehmen erlebe ich immer wieder, wie auf die großen Themen wert gelegt wird: Leitbilder, Slogans und Kampagnen. Und Sie kennen sicherlich auch die Mitmenschen, die voller Tatendrang mit gewaltigen Worthülsen um sich werfen. Dabei zeichnet sich Qualität eben nicht in diesen großen Brocken aus. Es sind gerade die kleinen Dinge, auf die es ankommt. Es ist wie bei einem Kometen, der auch nicht nur auf Grund seiner schieren Größe glüht. Es sind die Staubkörner, die die leuchtende Magie erzeugen.

Wie sieht es bei Ihnen aus? Wofür wollen Sie als Marke stehen? Und was erzählen die Menschen tatsächlich über Sie, wenn Sie mal nicht im Raum sind? Wie groß ist die Lücke zwischen Schein und Sein?

 

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